Die erste urkundliche Erwähnung der "Unteren Mühle", welche dem Wasserlauf nach flussabwärts der Oberen Mühle liegt, reicht bis 1358 zurück. Bis ins Jahr 1390 lassen sich deren Betreiber zurückverfolgen.
Über die Jahrhunderte wechselten die Besitzer der Mühle häufig. Die Dokumente hierüber lassen wohl keine genaue Datierung der Besitzer oder auch Lehensverhältnisse der damaligen Zeit zu. Aber doch sind einige Namen belegt, die der Unteren Mühle wie folgt zugeordnet werden können:
Das im Jahre
1715 urkundlich erwähnte, neu erichtete Mühlengebäude der Unteren Mühle hatte ursprünglich vier kleine Holzwasserräder.
Im Laufe vieler Jahre wechselten die Besitzer der Unteren Mühle häufig. So zwischen 1820 und 1825 erwarb
Josef Stadelmaier die Untere Mühle und führte sie
fast 40 Jahre lang , bis er sie wohl aufgrund von Geldschwierigkeiten
1862 an Kaspar Scheerer verkaufte. Allerdings noch ein paar Jahr auf der Mühle blieb.
Kaspar Scheerer konnte bis dahin auf eine
über 100 Jahre alte Familientradition der Ziegelmacherei zurück schauen, welche ihren Sitz an der Ziegelhütte bei Königsbronn hatte. Da sich möglicherweise der Abbau von Lehm für die Ziegelproduktion nicht mehr lohnte, verkaufte Scheerer
1885 die Ziegelei an
Georg Widmann , dessen Nachfahren heute noch die Ziegelhütte als ein erfolgreiches Ausflugslokal führen.
Auch ausschlaggebend für den Kauf einer Mühle könnte gewesen sein, dass der Sohn von Kaspar Scheerer,
Georg , das Müllerhandwerk erlernt hatte. Diese Information, sowie nachfolgende, entnahm ich, als Ersteller der Homepage des Mühlenvereins, dem Büchlein "
Alt Oberkochen, Erzählungen und Berichte aus Oberkochens Vergangenheit, von Christhard Schrenk, Herausgeber Stadt Oberkochen, 1984 ". Weitere Informationen stammen aus dem umfangreichen Archiv des
Heimatvereins Oberkochen e.V. .
Nachdem Kaspar Scheerer die Untere Mühle gekauft hatte ließ er die alten Gebäude abreißen. Es bedurfte in der Folge eine Bauzeit von etwa 6 Jahren, bis die
neue Mühle 1877 in Betrieb genommen werden konnte. Wie bereits erwähnt, wurden durch den Abriß die ursprünglichen vier Holzwasserräder durch ein großes, stählernes, oberschlächtig angetriebenes Wasserrad mit Rosetten-Armverband ersetzt. Etwa 8 Tonnen ist es schwer und hat einen Durchmesser von 3,30 Metern.
Kaspar Scheerer (geb. 16. Dez. 1821 - gest. 26. Jun. 1908) war mit
Katharina Scheerer (geb. 04. Febr. 1829 - gest. 12. Okt. 1891) verheiratet.
Nach Kaspar folgte dessen Sohn
Johann Georg Scheerer (geb. 10. Nov. 1851 in Köngisbronn - gest. 29. Mai 1894 bei einem tragischen Unfall im Tiefental rechts oben am Hang) auf der Unteren Mühle als Müller.
Maria Elisabetha Scheerer, geb. Benz (geb. 21. April 1857 - gest. 06. Febr. 1919 in Aalen) war seine Ehefrau. Nachdem Georg Scheerer tötlich verunglückte, heiratete sie ein zweites Mal und zwar
Johann Georg Schieber, von Beruf Müller (geb. 10. Juni 1841 - gest. 08. Sept. 1906).
Nach Georg folgte dessen Sohn
Kaspar Scheerer (geb. 02 Mai 1887 - gest. 09. Mai 1963) auf der Unteren Mühle. Er war mit
Sofie Scheerer, geb. Maier (geb. 21. Apr. 1889 - gest. 30. Jun. 1948) verheiratet. Gemeinsam hatten sie drei Kinder.
Hans Georg (geb. 19. Juli 1913 in Oberkochen - gest. 07. Sept. 1990 in Oberkochen)
Elisabetha Paulina (geb. 19. Sept. 1914 - gest. 12. Sept. 1995 in Aalen) und
Emil Karl (geb. 01.11.1920 in Oberkochen - gest. 05.06.202 in Aalen) Emil Scheerer heiratete am 12. Okt. 1953 in Oberkochen
Berta Emilie Inge Graf. Ihre Tochter
Margarete und deren Sohn, welche nicht mehr in Oberkochen wohnen, sind die letzten der Generationenfolge der Familie Scheerer.
Hans Scheerer war der letzte aktive Müller in der Generationenfolge der Scheerers. Er wohnte gemeinsam mit seiner Schwester
Elisabeth Scheerer, genannt
Elsbeth, in der in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangenen
Scheerer-Mühle.
Während Kaspar zu seiner Zeit die Untere Mühle umbaute und durch ein kräftiges Stahlmühlrad aufwertete, entschloß sich Hans Scheerer
die Antriebstechnik der Mühle an grundlegenden Stellen mit
Elektromotoren zu bestücken. Von seinen innovativen Gedanken ließ er sich auch nicht abbringen als ihm Ratschläge entgegen gebracht wurden, die da sinngemäß lauteten: "Da kannst Du ja Dein Wasserrecht abgeben, wenn Du deine Mühle mit Strom betreibst." Im Gegenteil. Hans Scheerer informierte sich weitergehend über
alternative Energiegewinnung durch Wasserkraft.
Bereits 1949 stand Hans in Kontakt bzw. in Verhandlungen mit der
Fa. J.M. Voith GmbH in Heidenheim (Brenz) über den Einbau einer
liegenden Francisturbine mit Innenregelung . Diese Turbine hätte das Wasserrad ersetzt. Die Gedanken an ein derartiges Projekt müssen Hans Scheerer bestimmt 10 Jahre lang beschäftigt haben, denn noch im Jahr 1959 erhielt er von der J.M. Voith GmbH technische Zeichnungen zur Umsetzung seines zunächst gedachten Anliegens allein über die Francisturbine die Mühlentechnik im Innern des Gebäudes mit Strom antreiben zu lassen.
Hans Scheerer ließ, soweit es bekannt ist, in der zweiten Hälfte der 70er
Jahre
eine Ossberger Turbine zur Nutzung der Wasserkraft für die Stromerzeugung einbauen. Diese Turbine wurde durch Mitglieder des Mühlenvereins so in
2005/2006 grundüberholt und wieder in Betrieb genommen. Sie lief bisher mit einer Leistungsausbeute von 5 bis 7 kWh. Wegen eines technischen Defektes steht sie still und es sind aktuell erneute Überholungsmaßnahmen in Planung.